Berufliche Selbstständigkeit wünschen sich viele Menschen: Keinen Chef haben, dann arbeiten, wann man will und kann, sich sein Leben selbst einteilen. All das und noch viel mehr sind Vorteile der Selbstständigkeit.
Selbstständigkeit heißt aber auch, sich im Dschungel der österreichischen Bürokratie auskennen, um das Beste für sich selbst heraus zu holen. Wer sein Geld ausschließlich mit selbstständiger Arbeit verdient, ist in Österreich verpflichtet, sich bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) zu versichern. Diese gewährleistet, wie die Gebietskrankenkassen bei Arbeitern und Angestellten, dass der Versicherte im Krankheitsfall nicht alleine da steht. Anders als bei Arbeitern und Angestellten gibt es bei der SVA jedoch einen Unterschied im Leistungsbezug, nämlich die Sachleistungsberechtigung und die Geldleistungsberechtigung.
Wann hat man jedoch Anspruch auf das eine oder das andere?
Was ist besser?
Und was ist überhaupt der Unterschied?
Sachleistungsberechtigung
Sachleistungsberechtigung bedeutet, dass Sie im Krankheitsfall zum Arzt/ins Spital gehen können, und dort kostenlos behandelt werden. Eventuelle Selbstbehalte werden im Nachhinein verrechnet. Um die Leistung kostenfrei in Anspruch nehmen zu können, muss der Arzt jedoch ein Vertragsarzt der SVA sein, außerdem sind nicht alle Leistungen frei von einem Selbstbehalt.
Sachleistungen ohne Selbstbehalt
Es gibt einige Leistungen, für die nur der Betrag fällig wird, der auch für die Kunden der Gebietskrankenkassen zu bezahlen ist, nämlich
- Krankenhausbehandlung in der allgemeinen Gebührenklasse: Die Behandlung in der allgemeinen Klasse eines Spitals ist kostenlos, nur der tägliche Spitalskostenbeitrag ist zu bezahlen.
- Medikamente: Sie zahlen für vom Vertragsarzt verschriebene Medikamente nur die Rezeptgebühr von 6,10 Euro.
- Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und Vorsorgeuntersuchungen
Sachleistungen mit Selbstbehalt
Die meisten Leistungen sind bei der SVA mit einem Selbstbehalt behaftet, welcher in der Regel zwischen 10% und 20% liegt, nämlich
- Ärztliche Hilfe: Sie können ärztliche Hilfe in einer Vertragsordination zunächst kostenfrei in Anspruch nehmen, bekommen jedoch nach der Abrechnung des Arztes eine Rechnung mit einem Selbstbehalt von 20% (10% bei Gesundheitscheck und Diabetes 2-Programm). Sollten Sie in einer Privatordination gewesen sein, können Sie die Rechnung selbstverständlich bei der SVA einreichen, diese erstattet Ihnen dann den Betrag, den ansonsten der Vertragsarzt bekommen hätte.
- Zahnbehandlung und Zahnersatz: Zahnbehandlungen können Sie mit Ihrer E-Card in Anspruch nehmen. Für den Zahnersatz gilt die Voraussetzung, dass Ihr Zahnarzt die Notwendigkeit eines Zahnersatzes auf dem Ersatz-Patientenschein dokumentiert und Sie diesen vor der Behandlung einreichen und bewilligen lassen. Der Selbstbehalt beim Zahnarzt beträgt je nach Behandlung zwischen 20 und 30 Prozent.
- Heilbehelfe und Hilfsmittel: Das sind zum Beispiel orthopädische Einlagen oder Kompressionsstrümpfe (Selbstbehalt 20%, aber mindestens 34,80 Euro), aber auch Brillen und Kontaktlinsen (Mindestselbstbehalt von 104,40 Euro, Anspruch bei gleichbleibender Sehstärke frühestens alle 3 Jahre. Gleitsichtbrillen und Trifokalgläser werden nicht übernommen).
- Ambulante Behandlung im Krankenhaus: Hier gibt es einen Selbstbehalt von 25,51 pro Quartal und Spital.
- Krankentransporte: Die Kosten werden von der SVA übernommen, wenn ärztlich bestätigt wird, dass der Transport notwendig war. Selbstbehalt ebenfalls 20%.
Wichtig: Wenn Sie sozial schutzbedürftig sind und/oder eine Ausgleichszulage zu Ihrer Pension bekommen, können Sie von Selbstbehalten und Rezeptgebühren befreit werden. Auch Ihre minderjährigen Kinder sind dann automatisch von diesen Gebühren frei.
Wer ist sachleistungsberechtigt?
Sachleistungsberechtigt sind:
- Neuzugänge bei der SVA, die kürzer als 3 Jahre bei der SVA versichert sind
- Neue Selbstständige, GSVG-krankenversicherte Gewerbetreibende und Gewerbegesellschafter, die im Einkommenssteuerbescheid vor 3 Jahren unter einer Grenze von momentan 73.079,99 Euro liegen oder aufgrund geringer Einkünfte gar keine Einkommenssteuer bezahlt haben.
- Gewerbepensionisten
- Pensionisten oder Versicherte, die noch Versicherunsschutz aus einem Angestelltenverhältnis genießen.
Geldleistungsberechtigung
Geldleistungsberechtigung bedeutet, dass Sie den Arztbesuch zwar zunächst selbst zahlen, ihn jedoch im Nachhinein zum Teil rückvergütet bekommen und dabei als Privatpatient behandelt werden. Der rückvergütete Betrag ist dabei höher, als jener, der an einen Vertragsarzt gehen würde.
Unterschiede zur Sachleistungsberechtigung
- Ärztliche Hilfe: Sie können zu jedem frei praktizierenden Arzt gehen und bezahlen vor Ort selbst. Die Rechnung schicken Sie an die SVA, welche Ihnen einen „Vergütungstarif“ zurück erstattet, dieser entspricht jedoch allerhöchstens 80% der Kosten.
- Spitalsaufenthalt in der Sonderklasse: Auch im Spital können Sie sich als Privatpatient behandeln lassen, wenn Sie sich für die Sonderklasse entscheiden. Wie auch beim Arztbesuch erstattet die SVA Ihnen bestimmte Beträge für Aufenthalt und Behandlung.
- Zahnbehandlungen und Zahnersatz: Beim Zahnarzt gilt das Gleiche, Sie bezahlen wie ein Privatpatient selbst und bekommen eine Rückerstattung nach Tarif.
- Medikamente: Grundsätzlich gilt das auch für Medikamente. Die Rezepte, die für Sie als Geldleistungsberechtigter ausgestellt werden, müssen in der Apotheke selbst bezahlt und dann eingereicht werden. Es ist jedoch auch möglich, dass die Apotheke die Privatrezepte als Kassenrezepte akzeptiert (wenn alle notwendigen Daten enthalten sind) oder dass Sie das Privatrezept bei der SVA selbst in ein Kassenrezept umwandeln lassen.
Es gibt dennoch auch für geldleistungsberechtigte Personen Sachleistungen von der Versicherung.
Keine Unterschiede zu sachleistungsberechtigten Personen bestehen bei:
- Spitalsbehandlungen auf der allgemeinen Gebührenklasse
- Ambulanten Behandlungen
- Heilbehelfen und Hilfsmitteln
- Transportkosten
- Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen
- Vorsorgeuntersuchungen
Für die aufgezählten Punkte gelten die weiter oben beschriebenen Selbstbehalte und Sockelbeträge wie bei der Sachleistungsberechtigung.
Wer ist Geldleistungsberechtigt?
Geldleistungsberechtigt sind:
- Neue Selbstständige, GSVG-krankenversicherte Gewerbetreibende und Gewerbegesellschafter, die im Einkommenssteuerbescheid vor 3 Jahren die Grenze von 73.079,99 Euro überschritten haben
- Gewerbepensionisten, die weiterhin selbstständig arbeiten und dabei mit Pension und Einkünften zusammen die oben genannte Grenze überschreiten.
- Versicherte oder Pensionisten, die sich willentlich für die Geldleistungsberechtigung entschieden haben und dafür bezahlen.
Wie wechselt man den Status?
Wenn Sie sachleistungsberechtigt sind und dies ändern möchten, können Sie einen Antrag an die SVA stellen und durch Aufzahlung vom Sachleistungsberechtigten zum Geldleistungsberechtigten werden. Eine halbe Geldleistungsberechtigung macht zusätzlich momentan 85,86 Euro im Monat aus und ist ausschließlich für Spitalsaufenthalte gültig, dh. Sie können damit im Spital in der Sonderklasse liegen und bekommen dies auch vergütet.
Die ganze Geldleistungsberechtigung kostet im Moment 107,30 im Monat und macht Sie zu einem vollwertigen Geldleistungsberechtigten mit allen Vor- und Nachteilen.
In die andere Richtung, also wenn Sie geldleistungsberechtigt sind und lieber sachleistungsberechtigt wären, ist es per Antrag und ohne Zusatzkosten möglich, zum halb Geldleistungsberechtigten zu werden. Sie werden dann im Spital auf Wunsch in der Sonderklasse behandelt (mit Vergütung) und erhalten sonst alle Leistungen genau wie ein Sachleistungsberechtigter.
Vorteile und Nachteile der Sach- bzw. Geldleistungsberechtigung
Wie alles im Leben haben beide Berechtigungen Vor- und Nachteile. Der Vorteil bei der Sachleistungsberechtigung ist, dass Sie ähnlich wie bei den Krankenkassen der Arbeiter und Angestellten einfach zum Arzt gehen können, ohne zu bezahlen. Den Selbstbehalt bezahlen Sie später per Rechnung, Sie haben also vorab keine Auslagen. Auch in der Apotheke und im Spital werden Sie genauso behandelt, wie Sie es aus Zeiten vor Ihrer Selbstständigkeit gewöhnt waren.
Als Geldleistungsberechtigter werden Sie zwar etwas „privilegiert“ behandelt, müssen aber bei allen Behandlungen und auch in der Apotheke in Vorleistung gehen, was manchmal – vor allem bei Spitalsaufenthalten oder Zahnbehandlungen – teuer sein kann.