Sozialversicherung in Österreich 2024 – Alle Informationen

Die Sozialversicherung in Österreich ist ein komplexes System, da die gesetzliche Pflichtversicherung aktuell aus 21 Versicherungsträgern besteht. Welche Sozialversicherung für Sie zuständig ist, hängt dabei von Ihrer Erwerbstätigkeit ab. So kann es in Österreich durchaus möglich sein, dass Eheleute bzw. Partnerinnen und Partner eigentragender Partnerschaften unterschiedlich sozialversichert sind.

Am 13. Dezember 2018 hat der österreichische Nationalrat eine Reform der Sozialversicherung beschlossen. Demnach sollen in den Jahren 2020 bis 2023 die 21 Sozialversicherungsträger auf fünf reduziert werden. So werden die neun Gebietskrankenkassen in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengefasst. Weiter ist im Sozialversicherungs-Organisationsgesetz vorgesehen, dass die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) mit der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) zur neuen Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) zusammengelegt wird. Außerdem wird aus der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) und der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (BVA) die neue BVAEB. Bestehen bleiben die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und die Allgemeine Versicherungsanstalt (AUVA).

Was gehört zur Sozialversicherung in Österreich?

Die österreichische Sozialversicherung umfasst folgende drei Zweige:

  • Krankenversicherung
  • Unfallversicherung
  • Pensionsversicherung

Aktuell (Stand: Oktober 2020) gibt es in Österreich 21 Sozialversicherungsträger. Welcher Sozialversicherungsträger für Sie zuständig ist, hängt, ganz einfach gesagt, davon ab, welcher Erwerbstätigkeit Sie nachgehen. Unabhängig davon gelten für die Sozialversicherung in Österreich folgende Grundsätze:

  • Pflichtversicherung
  • Solidarität
  • keine Risikoauslese
  • keine Gewinnorientierung

Pflichtversicherung

Die Sozialversicherung in Österreich ist eine Pflichtversicherung, d.h. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, ein Versicherungsverhältnis einzugehen. Dahinter steckt u.a. der Gedanke, dass eine sehr große Zahl an Versicherten das Risiko größtmöglich streut. Außerdem stärkt eine große Anzahl an Versicherten die Verhandlungsposition der Sozialversicherung gegenüber den Verhandlungspartnerinnen bzw. Verhandlungspartnern.

Der Versicherungsbeginn tritt sofort, also ohne Wartezeit, ein. Des Weiteren besteht ein Annahmezwang, d.h. der entsprechende Versicherungsträger muss Sie beispielsweise auch bei einer schweren Vorerkrankung als Versicherte bzw. Versicherten annehmen. Der Begriff „Mitversicherung“ umfasst die beitragsfreie Versicherung für nahe Angehörige, wie zum Beispiel leiblich, schulpflichtige Kinder.

Solidarität

Der Grundsatz der Solidarität beinhaltet den sozialen Ausgleich, der u.a. die Mitversicherung von Familienangehörigen ermöglicht. So erfolgt ein Ausgleich auf der Beitragsseite, da die Höhe der Beiträge für Minderverdienende geringer ist als für Besserverdiener. Auf der Leistungsseite kommt es zu einem Ausgleich zwischen Personen, die schutzbedürftig und weniger schutzbedürftig sind. In Bezug auf die Pensionsversicherung wird der Ausgleich „Generationenvertrag“ genannt, da er zwischen den Erwerbstätigen und Pensionistinnen bzw. Pensionisten erfolgt.

Keine Risikoauslese

Beim Anspruch auf medizinische Leistungen unterscheidet die Sozialversicherung nicht nach dem individuellen Risiko, denn die Leistungen stehen allen Sozialversicherten zur Verfügung. Es spielt daher keine Rolle ob Sie

  • ein hohes oder niedriges Einkommen haben,
  • alt oder jung,
  • männlich oder weiblich
  • chronisch krank oder gesund

sind.

Keine Gewinnorientierung

Für die Sozialversicherung besteht die gesetzliche Pflicht, die Beiträge sparsam und zweckmäßig zu verwenden. So werden nach Angaben der Sozialversicherung von 100 Euro, die durch Beiträge eingenommen werden, 97,9 Euro für Leistungen an die Versicherten verwendet.

Gesetzliche Regelungen der Sozialversicherung in Österreich

Welches Gesetz in der gesetzlichen Pflichtversicherung für Sie gilt, hängt von Ihrer konkreten Erwerbstätigkeit ab. D.h. die Versicherungsleistung bestimmt sich nach Ihrer Erwerbstätigkeit. Aktuell (Stand: Oktober 2020) richtet sich die Pflichtversicherung nach folgenden Gesetzen:

  • Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)
  • Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG)
  • Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG)
  • Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG)
  • Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG)

Neben der gesetzlichen Grundlage wird in der österreichischen Sozialversicherung auch zwischen einer Voll- und einer Teilversicherung unterschieden. Eine Vollversicherung ist eine Versicherung in allen drei Zweigen der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung. Handelt es sich um eine Teilversicherung, dann sind Sie in höchsten zwei der drei Zweige versichert.

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

ASVG-vollversichert sind beispielsweise folgende Personen:

  • Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer
  • Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer
  • Lehrlinge
  • Heimarbeiter und Heimarbeiterinnen

ASVG-teilversichert (Kranken- und Unfallversicherung) sind zum Beispiel:

  • Angestellte Rechtsanwältinnen und angestellte Rechtsanwälte
  • Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärter

ASVG-teilversichert (Krankenversicherung) sind beispielsweise:

  • Bezieherinnen und Bezieher einer ASVG-Pension (wenn und solange ihr Aufenthaltsort Österreich ist)
  • Bezieherinnen und Bezieher von Kinderbetreuungsgeld, Rehabilitationsgeld, Familienzeitbonus oder von Geldleistungen nach dem Arbeitslosen-Versicherungsgesetzt (AlVG)

ASVG-teilversichert (Unfallversicherung) sind zum Beispiel:

  • Geringfügig beschäftigte (freie) Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer
  • Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Umschulungs- und beruflichen Ausbildungslehrgängen des AMS oder der Gebietskörperschaften
  • Selbständig erwerbstätige Personen, deren Pflichtversicherung nach dem GSVG erfolgt
  • Schülerinnen und Schüler
  • Studentinnen und Studenten

ASVG-teilversichert (Pensionsversicherung) sind beispielsweise:

  • Vertragsbedienstete des Bundes (mit Beginn des Dienstverhältnisses ab dem 1. Jänner 1999)
  • Vertragsbedienstete der Bundesänder oder Gemeinden (mit Beginn des Dienstverhältnisses ab dem 1. Jänner 2001)
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Universitäten nach dem Universitätsgesetz 2002

Beamten-, Kranken- und Unfallversicherung (B-KUVG)

B-KUVG-teilversichert (Kranken- und Unfallversicherung) sind beispielsweise folgende Personen:

  • Öffentlich-rechtliche Bedienstete des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder von Gemeindeverbänden
  • Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer von öffentlichen Fonds, Anstalten, Stiftungen, Versicherungen und Betrieben
  • Vertragsbedienstete des Bundes (mit Beginn des Dienstverhältnisses ab dem 1. Jänner 1999)
  • Vertragsbedienstete der Bundesänder oder Gemeinden (mit Beginn des Dienstverhältnisses ab dem 1. Jänner 2001)
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Universitäten nach dem Universitätsgesetz 2002

B-KUVG-teilversichert (Krankenversicherung) sind zum Beispiel:

  • Bezieherinnen und Bezieher von Kinderbetreuungsgeld, Rehabilitationsgeld oder Familienzeitbonus

B-KUVG-teilversichert (Unfallversicherung) sind beispielsweise:

  • Geringfügig Beschäftigte nach dem B-KUVG

Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG)

GSVG-teilversichert (Kranken- und Pensionsversicherung) sind zum Beispiel folgende Personengruppen:

  • Gewerbetreibende, wenn sie Mitglied einer Wirtschaftskammer sind
  • „neue Selbständige“

GSVG-teilversichert (Krankenversicherung) sind beispielsweise:

  • Bezieherinnen und Bezieher von Kinderbetreuungsgeld oder Familienzeitbonus

GSVG-teilversichert (Pensionsversicherung) sind zum Beispiel:

  • Bezieherinnen von Wochengeld

Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG)

BSVG-vollversichert sind zum Beispiel folgende Personen:

  • sog. „Betriebsführerinnen“ und „Betriebsführer“: Dies sind Personen, die einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb führen auf eigene Gefahr und Rechnung ab einer Einheitswertgrenze von 1.500 Euro
  • Ehepartnerinnen und Ehepartner, die im Betrieb hauptberuflich beschäftigt sind
  • Kinder, Enkelkinder, Stief-, Wahl und Schwiegerkinder der Betriebsführerin bzw. des Betriebsführers, die im Betrieb hauptberuflich beschäftigt sind
  • Eltern, Großeltern, Schwieger-, Wahl- und Stiefeltern der Betriebsführerin bzw. des Betriebsführers, die im Betrieb hauptberuflich beschäftigt sind

BSVG-teilversichert (Krankenversicherung) sind zum Beispiel:

  • Bezieherinnen und Bezieher von Kinderbetreuungsgeld oder Familienzeitbonus

BSVG-teilversichert (Unfallversicherung) sind zum Beispiel:

  • „Betriebsführerinnen“ und „Betriebsführer“ ab einer Einheitswertgrenze von 150 Euro, wenn der land- oder forstwirtschaftliche Betrieb auf eigene Rechnung geführt wird
  • Mittätige Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner, Kinder, Enkel, die Eltern und Großeltern der Betriebsführerin bzw. des Betriebsführers sowie deren Geschwister

Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG)

FSVG-teilversichert (Unfall- und Pensionsversicherung) sind zum Beispiel folgende Personen:

  • Freiberufliche Mitglieder einer Ärztekammer
  • Freiberufliche Mitglieder einer Österreichischen Zahnärztekammer

FSVG-teilversichert (Pensionsversicherung) sind zum Beispiel:

  • Mitglieder der Österreichischen Apothekerkammer
  • Mitglieder der Österreichischen Patentanwaltskammer

Versicherungsträger der österreichischen Sozialversicherung

Die 21 österreichischen Sozialversicherungsträger haben unterschiedliche Zuständigkeiten. In der nachstehenden Tabelle finden Sie einen Überblick zu den Versicherungsträgern nach den drei Zweigen der Sozialversicherung.

Sozialversicherungsträger Abk. Krankenvers. Unfallvers. Pensionsvers.
Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA X
Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK X
5 Betriebskrankenkassen** BKK X
Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen SVA X X X
Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau BVAEB X X
Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und Arbeiter PVA X
Versicherungsanstalt des österreichischen Notariats X

 

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