Finanztransaktionsteuer in Österreich 2024

Zwar wird die Finanztransaktionsteuer in Österreich derzeit nicht erhoben, aber ihre Einführung wird schon seit vielen Jahren immer wieder diskutiert. Deshalb lohnt sich ein Blick hinter die Steuer.

Was ist die Finanztransaktionsteuer?

Im Zuge der Finanztransaktionsteuer werden finanzielle Transaktionen, also Geldgeschäfte, besteuert. Das Feld der Finanztransaktionen ist breit gefächert. Man kann sie jedoch grob einteilen in Geldgeschäfte, die

  • an der Börse und
  • außerhalb der Börse

getätigt werden.

Zu ersten Gruppe gehört zum Beispiel der Handel mit Aktien oder Anleihen. Zur zweiten Gruppe gehören vor allem Finanzgeschäfte, die von Kleinsparern getätigt werden, wie zum Beispiel Kredite, Versicherungen oder Hypotheken.

Was bisher geschah

In der EU kann der Beginn der Diskussion über eine Finanztransaktionssteuer den September 2011 festgesetzt werden, also zu einer Zeit, in welcher die Folgen der Finanzkrise von deutlich spürbar waren. So wurde damals von der EU-Kommission ein Gesetzesentwurf zu einer Finanztransaktionssteuer vorgelegt. Die EU-Kommission argumentierte wie folgt:

  • 4.600 Milliarden Euro sind im Zuge der Finanzkrise aus öffentlichen Geldern in den Finanzsektor geflossen.
  • Der Finanzsektor trägt hingegen wenig Steuern bei.
  • Deshalb soll auch der Finanzsektor einen fairen Beitrag liefern.

Vorgesehen war die Steuer

  • für den Handel mit Aktien und Anleihen in der Höhe von 0,1 Prozent sowie
  • für Derivate von Aktien und Anleihen in der Höhe von 0,01 Prozent

Von der Steuer ausgenommen sollten

  • Devisengeschäfte am Spotmarkt sowie
  • Finanzgeschäfte von Kleinsparern (zum Beispiel Kredite, Hypotheken, Versicherungsverträge oder Kreditkartenumsätze)

In der Diskussion im Rat, also unter den Vertretern der 27 Mitgliedstaaten der EU, wurde jedoch rasch deutlich, dass in naher Zukunft keine Einstimmigkeit zum diesem Thema zu erzielen ist. Da einige Mitgliedstaaten jedoch an dem Thema weiterarbeiten wollten, wurde im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit innerhalb der EU, die sog. FTS-Gruppe eingerichtet. Bis zum Ausscheiden Estlands, gehörten elf EU-Mitgliedstaaten der FTS-Gruppe an. Zu den Befürwortern einer Transaktionssteuer in der EU zählen bis heute (2018): Belgien, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei.

Die Ziele, die diese Staaten nun gemeinsam weiterverfolgen wollten, lauteten:

  • eine einheitliche Finanztransaktionssteuer für den Binnenmarkt, um dessen Zersplitterung durch nationale Alleingänge vorzubeugen
  • Gewährleistung eines angemessenen Beitrags des Finanzsektors zu den öffentlichen Finanzen
  • Schaffung von geeigneten Hemmnissen für Transaktionen, die für die Finanzmärkte und die Realwirtschaft nachträglich sind

Ob wohl die Mitgliedstaaten nun seit einigen Jahren über die Finanztransaktionssteuer diskutieren und verhandeln, konnte bisher keine Einigung erzielt werden, weder für den gesamten Binnenmarkt, noch für die Staaten der FTS-Gruppe.

Wo liegen die Probleme?

Dass es bei über zwanzig Staaten schwierig ist, eine Einigung zu erzielen, ist nichts Neues, denn wie bei anderen Themen auch, gehen die Interessen der EU-Mitgliedstaaten weit auseinander. Im Falle der Finanztransaktionssteuer geht die Diskussion weniger darum, was besteuert werden soll, sondern darum, was nicht besteuert werden soll. Es werden also vereinfacht dargestellt zwei Fragen diskutiert:

  • Wer ist von der Finanztransaktionssteuer grundsätzlich ausgenommen?
  • Für welche Transaktionen soll es Ausnahmeregelungen geben?

Wenn über die Einführung oder die Reform von Steuern diskutiert wird, dann findet die Diskussion nicht im luftleeren Raum statt. So spielen die Interessensvertretungen bei den potentiell Betroffenen eine nicht unwichtige Rolle in der Diskussion. Im Fall der Finanztransaktionssteuer ist dies die Finanzindustrie. Ihr Ziel ist es, die Steuer zu verhindern. Sollte dies nicht klappen, dann wird versucht, möglichst viele Ausnahmen in das Gesetz einzubringen. So haben sich auch die österreichischen Banken und Versicherungen gegen die Transaktionssteuer ausgesprochen. In einer Stellungnahme des Fachverbands Banken und Versicherungen in der Wirtschaftskammer heißt es zur Finanztransaktionsteuer:

  • Von der FTS wird abgeraten.
  • Die zusätzliche Besteuerung des Finanzsektors ist „unvernünftig und ökonomisch unproduktiv“.
  • Der österreichische Banken- und Versicherungssektor ist „sehr stark dagegen“.

Finanztransaktionssteuer während der österreichischen Ratspräsidentschaft 2018

Mit der österreichischen Ratspräsidentschaft hat Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) nicht nur den Vorsitz im ECOFIN, also dem Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten, sondern er ist auch Vorsitzender der Arbeitsgruppe Finanztransaktionssteuer (FTS-Gruppe). Nun wurde bekannt, dass die diskutierte Steuer mehr Ausnahmen hat als ursprünglich angedacht waren. So sollen von der FTS

  • Derivate (wie zum Beispiel Kapital-, Zins- und Währungsderivate)
  • der spekulative Handel mit kurzfristigen Finanzprodukten
  • Staatsanleihen sowie
  • die Kapitalanlagen von Pensionskassen

ausgenommen werden. Besteuert soll, so der Vorschlag von Löger Ende Oktober 2018, nur mehr der Aktienhandel werden, weshalb der österreichische Finanzminister auch von einer reinen Aktien-Steuer spricht. Die Einnahmen aus der Steuer sollen dazu verwendet werden, die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt in der kommenden Finanzperiode 2021 bis 2027 zu senken. Dies würde bedeuten, dass die Steuer in allen EU-Staaten eingeführt wird. Die vorgeschlagene Aktiensteuer basiert auf einem deutsch-französischen Papier, das 2018 erarbeite worden ist.

Am 3. Dezember 2018 wurde das Projekt Transaktionssteuer erst einmal begraben. Dies hat der österreichische Finanzminister Hartwig Löger in Brüssel am Rande einer Sitzung der Eurogruppe bestätigt. Über die Transaktionssteuer wird auch nicht mehr in der Zehner-Gruppe im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit diskutiert. Alternativ soll nun über die bereits erwähnte Aktiensteuer verhandelt werden. So sollen in den nächsten Wochen technische Dinge besprochen werden, erklärte Löger. Ob die Einnahmen der Aktiensteuer, wie vorgeschlagen, in den EU-Haushalt einfließen, ist aber noch offen. So besteht auch die Möglichkeit, dass sie in die nationalen Haushalte der EU-Staaten fließen.

Fragen & Antworten:

Ist die EU-Finanztransaktionssteuer nun wirklich begraben?
Da sich die EU-Transaktionssteuer nur auf den Handel mit Aktien beziehen soll, wurde sie inhaltlich im Vergleich zum EU-Kommissionsvorschlag von 2011 stark abgespeckt. Ob die Steuer, wenn auch nur für den Handel tatsächlich kommen wird, kann nicht gesagt werden. Es sollen jedoch Gespräche darüber geführt werden.

Wieso wird jahrelang diskutiert, wenn dann kein Ergebnis rauskommt?
Die Einführung von Steuern, die für den gesamten Binnenmarkt gelten, ist ein schwieriges Unterfangen. Da die Transaktionssteuer im EU-Ministerrat einstimmig beschlossen werden muss, scheitert das Projekt bereits an einem Mitgliedstaat. Außerdem ist zu bedenken, dass die EU-Mitgliedstaaten im Ministerrat nicht immer gemeinschaftliche Interessen, sondern auch nationale Interessen vertreten.

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