Jeder Arbeitnehmer, der aus dem Dienst ausscheidet, besitzt automatisch das Recht auf ein Arbeitszeugnis. Der Arbeitgeber muss das Zeugnis zeitnah und unentgeltlich ausstellen, ganz egal, ob der Beschäftigte selbst gekündigt hat, gekündigt wurde oder ob eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrages stattfand. Auch fristlos Entlassene erhalten ein Arbeitszeugnis, das auf einer fairen Bewertung basieren sollte.
Eine Referenz, die der Neubewerbung dient
Bei dem Arbeitszeugnis handelt es sich um eine wichtige Referenz, die gestraffte Informationen über die vorher stattgefundene Zusammenarbeit enthält. Es dient dem Arbeitnehmer als Bewerbungsmaterial, um an eine neue Anstellung zu gelangen und gehört deshalb zu den Selbstverständlichkeiten des Arbeitsalltags. Sollte es in diesem Bereich zu Schwierigkeiten kommen, so gilt das österreichische Arbeits- und Sozialgericht als zuständige Instanz, um Streitigkeiten auf rechtlichem Wege zu lösen.
Diese Daten sollte das Arbeitszeugnis enthalten
Wir unterscheiden zwei verschiedene Arten von Arbeitszeugnissen: Das eher selten ausgestellte einfache Zeugnis und das qualifizierte Zeugnis mit mehr Informationsgehalt. In beiden Zeugnisvarianten sollten grundsätzlich die folgenden Daten enthalten sein:
- Ort und Datum
- Name des Arbeitgebers / Firmenname
- Anschrift des Arbeitgebers / der Firma
- Name des Arbeitnehmers
- Anschrift des Arbeitnehmers
- Beschäftigungsdauer
- Tätigkeitsangaben
- Unterschriften beider Parteien
Das einfache Zeugnis
Ein einfaches Zeugnis macht seinem Namen alle Ehre: Es beinhaltet nur schlichte Tätigkeitsangaben, um darüber zu informieren, womit der Angestellte in der Firma genau beschäftigt war. So erfährt der nächste Arbeitgeber, in welchen Bereichen sein neuer Mitarbeiter bereits Erfahrungen gesammelt hat.
Das qualifizierte Zeugnis
Das qualifizierte Zeugnis enthält ebenfalls die oben genannten objektiven Fakten, reichert sie aber noch mit Informationen zum Sozial- und Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers an. Hieraus lässt sich beispielsweise ablesen, wie engagiert der Beschäftigte bei seiner Tätigkeit war und ob er sich umgänglich gegenüber seinen Kollegen verhielt und dem Chef verhielt. Allerdings gelangen in einem professionell ausgestellten Zeugnis Formulierungen zur Anwendung, die für Laien nicht auf dem ersten Blick verständlich sind. Allzu vieles, was gut klingt, ist negativ gemeint.
Formulierungen im Arbeitszeugnis entlarven lernen
Wenn Sie ein wohlklingendes Arbeitszeugnis erhalten haben und sehr genau wissen, dass Sie mit Ihrem Chef nicht im Guten auseinandergegangen sind, wird es Zeit, zwischen den Zeilen zu lesen. Diese Formulierungen kommen häufig vor und transportierten eine versteckte Bedeutung:
Er / sie bemühte sich stets …
Reine Bemühungen reichen nicht aus, um eine ordentliche Arbeit zu liefern. Diese Formulierung besagt, dass der Beschäftigte trotz all seiner Bemühungen gescheitert ist.
Er / sie verlässt das Unternehmen aus eigenem Wunsch.
Drückt der Arbeitgeber nicht gleich darauf sein Bedauern über die Kündigung seines Angestellten aus, so ist er recht froh, ihn los zu sein. Er könnte theoretisch auch »zum Glück verlässt er uns« dazuschreiben.
Wir bedauern sein / ihr Ausscheiden und wünschen für die Zukunft alles Gute.
Dieser Satz klingt freundlich – und ist tatsächlich auch so gemeint. Der Angestellte wird vermisst und man ist ihm freundlich gesonnen.
Wir wünschen ihm / ihr für die Zukunft alles Gute und auch Erfolg.
Wer für die Zukunft Erfolg wünscht, der impliziert gleichzeitig, dass die Arbeit bislang eher weniger erfolgreich war.
Er / sie bewies viel Verständnis für seine Arbeit.
Verständnis ist etwas rein Theoretisches, zu praktischen Ergebnissen hat es scheinbar nicht gereicht. Dieser Satz ist jedenfalls alles andere als positiv zu verstehen.
Er / sie erfüllte die ihm / ihr übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit.
Hier fehlen einige Attribute, um wirkliche Zufriedenheit auszudrücken: Das Wörtchen »stets« und das Adjektiv »vollste« werten die Aussage zu einem »Sehr gut« auf, während dieser Satz eher auf ein mangelhaftes Engagement des Angestellten hindeutet.
Sein / ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Kunden und Vorgesetzten gab keinen Anlass zu Beanstandungen.
Auch diese Aussage klingt nicht wirklich begeistert, besser wäre ein: » … war vorbildlich«, oder für eine sehr gute Bewertung: » … war stets vorbildlich«.
An dieser Stelle wird sehr schnell deutlich, nach welchem Schema die Formulierungen im Arbeitszeugnis funktionieren: Ist etwas nicht absolut vorbildlich / sehr gut, so lässt dies auf arge Mängel schließen. Mit etwas sprachlichem Feingefühl lässt sich die wahre Bedeutung schnell entlarven. Im Zweifelsfall wenden Sie sich an die Arbeiterkammer zur Überprüfung Ihres Zeugnisses: So finden Sie ganz sicher heraus, wie Ihr Ex-Arbeitgeber Sie beurteilt hat!
Ein schlechtes Arbeitszeugnis erhalten: Das können Sie tun!
Ein negatives qualifiziertes Arbeitszeugnis birgt die Gefahr in sich, dass der betroffene Arbeitnehmer echte Schwierigkeiten bekommt, einen neuen Job zu finden. Gesetzlich ist diese Behinderung nicht erlaubt, doch kann sich der Weg zum positiven Zeugnis recht schwierig gestalten. Der erste Schritt sollte immer darin bestehen, den Ex-Arbeitgeber freundlich um Berichtigung zu bitten. Falls dieser sich weigert, besteht die Möglichkeit, die Revidierung schriftlich einzufordern, inklusive Frist. Erwähnen Sie in diesem Schreiben, dass Sie den Rechtsweg beschreiten werden, falls keine Änderung erfolgt. Schließlich geht die Sache vor das Arbeits- und Sozialgericht, hier wird entschieden, ob das Zeugnis tatsächlich berichtigt werden muss – oder nicht.
Alternative Möglichkeit: Ein möglicher Kompromiss besteht darin, statt des qualifizierten Zeugnisses ein einfaches Zeugnis einzufordern, das reine Tätigkeitsbeschreibungen enthält. So geht der ehemalige Arbeitgeber einer Bewertung komplett aus dem Weg. Doch ein potentieller neuer Chef könnte auf die Idee kommen, dass Sie vor ihm etwas verbergen möchten, weil Sie nur ein einfaches Zeugnis eingereicht haben.
Wenn der Arbeitgeber kein Zeugnis ausstellt
Auch Ihren gesetzlichen Anspruch auf die Aushändigung eines Zeugnisses können Sie einklagen: Beschreiten Sie zuerst denselben Weg wie bereits oben beschrieben, um dem Ex-Arbeitgeber die Chance zu geben, sich doch noch rechtskonform zu verhalten. Danach wird das Gericht eingeschaltet, das hoffentlich bessere Mittel findet, ein Arbeitszeugnis für Sie herauszuholen.
Ihr Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt übrigens erst nach drei Jahrzehnten! Einige Kollektiv- und Arbeitsverträge beinhalten kürzere Fristen, nach deren Ablauf Ihr Anspruch verfällt – allerdings nur, wenn Sie als Arbeitnehmer davor nicht ausdrücklich ein Zeugnis verlangt haben. Nach der Verfallsfrist können Sie Ihr Recht auf ein Arbeitszeugnis nicht mehr geltend machen, auch nicht vor Gericht.
So gehen Sie auf Nummer sicher!
Falls Ihnen Ihr Arbeitszeugnis nicht direkt beim Ausscheiden aus der bisherigen Firma überreicht wird, fordern Sie am besten zügig schriftlich eines an. So verlieren Sie Ihren Anspruch nicht vorzeitig! Außerdem ist es besser für Sie, Ihr Zeugnis so früh wie möglich zu erhalten, denn schließlich weiß niemand, ob es das betreffende Unternehmen in zwei, fünf oder zehn Jahren überhaupt noch gibt!