Erbrecht neu in Österreich – die gesetzliche Erbfolge

Im Jahr 2017 trat in Österreich ein neues Erbrecht in Kraft, das zwei Jahre zuvor im Zuge des Erbrechts-Änderungsgesetzes beschlossen wurde. Wichtige Punkte wie zum Beispiel die gesetzliche Erbfolge unterliegen seitdem einer neuen Regelung, die es ganz sicher zu kennen lohnt. Schließlich gilt es, sein eigenes Vermächtnis frühzeitig und rechtssicher zu regeln – und gut vorbereitet zu sein für den Fall, selbst ein Erbe zu empfangen.

Die gesetzliche Erbfolge nach österreichischem Recht

Liegt kein Testament vor, so gilt uneingeschränkt die festgelegte gesetzliche Erbefolge. Hierbei liegt der Fokus natürlich auf den nächsten Blutsverwandten, aber auch der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner geht nicht leer aus.

  • Kinder: An erster Stelle der gesetzlichen Erbefolge stehen die eigenen Kinder, der außereheliche Nachwuchs besitzt dieselben Rechte wie die ehelichen Nachkommen.
  • Kindeskinder: Die Enkel und Urenkel werden nur dann bedacht, wenn die Kinder bereits verstorben sind.
  • Eltern: Die Eltern des Verstorbenen stehen auf dem zweiten Rang, wenn es darum geht, das Erbe anzutreten.
  • Geschwister: Brüder und Schwestern des Verstorbenen treten in die Erbfolge ein, wenn seine Eltern bereits verstorben sind. Auch Nichten und Neffen können auf diesem Weg in den Genuss des Erbes kommen, wenn ihre Eltern nicht mehr leben.
  • Großeltern, Onkel und Tante, Cousins und Cousinen: Falls keiner der oben Genannten mehr existiert, erreicht das Erbe die etwas weitläufigere Verwandtschaft.

Was erbt der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner?

Sind erbberechtigte Kinder vorhanden, so erhält der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner ein Drittel des Erbes. Existieren keine Kinder, aber die Eltern des Verstorbenen sind noch am Leben, so erhält der Partner oder die Partnerin ein Drittel des Vermögens. Falls weder lebende Kinder noch Eltern zu ermitteln sind, darf sich die Witwe oder Witwer über das gesamte Erbe freuen. Die gemeinsame Wohnung des Verstorbenen und seines gesetzlich legitimierte Gefährten / seiner Gefährtin unterliegt speziellen gesetzlichen Regelungen.

Wo stehen nicht gesetzlich legitimierte Lebenspartner in der Erbfolge?

Hat der Verstorbene weder standesamtlich geheiratet noch seine Partnerschaft eintragen lassen, steht sein Lebenspartner oder seine Lebenspartnerin leider an vorletzter Position Erbrechts. Das heißt, dass der treue Gefährte nur dann erbt, wenn es keinerlei Blutsverwandte mehr gibt, die einen Platz in der gesetzlichen Erbfolge innehaben. Ganz zum Schluss fällt der Nachlass an den Staat.

Hinweis: Wer den Verstorbenen vor seinem Tod aufopferungsvoll unentgeltlich gepflegt hat und aus dem erweiterten Familienkreis stammt, hat eventuell ein Anrecht auf ein Pflegevermächtnis. Dies gilt allerdings nur, wenn die betreffende Person mindestens 6 Monate lang mehr als 20 Stunden im Monat damit verbrachte, den Kranken / Sterbenden zu versorgen.

Ich möchte das Erbe nicht antreten! Was ist zu tun?

Ein Erbe auszuschlagen, ist relativ einfach: Sollte der potentielle Erblasser noch leben, setzen Sie beide gemeinsam mit einem Notar einen Erbverzichtsvertrag auf. Ist die Person bereits verstorben und das Erbe steht sozusagen vor der Tür, erklären Sie offiziell, dass Sie auf das Erbrecht verzichten. Dies bietet sich vor allem dann an, wenn als Nachlass hauptsächlich Schulden winken oder wenn Sie als Erbender das Vermögen an den nächsten Verwandten weiterreichen möchte.

Die letztwillige Verfügung, oder: das Testament

Wer frühzeitig ein Testament aufsetzt, kann die gesetzliche Erbfolge mit Hilfe dieses Dokuments zumindest teilweise außer Kraft setzen. Bestimmten nahen Verwandten steht trotzdem immer noch ein Pflichtteil zu, der sich unter bestimmten Umständen mindern, aber höchst selten ganz aussetzen lässt.

Diese Arten von Testamenten gibt es

Ein Testament benötigt eine bestimmte äußere Form, um wirklich rechtsgültig zu sein. Sie können Ihren letzten Willen auf folgende Art und Weise der Nachwelt überliefern:

Das eigenhändige Testament:

Dieses Testament muss sichtbar komplett aus Ihrer Feder stammen, das heißt, Sie müssen es handschriftlich erstellen. Ihre Unterschrift unter einem ausgedruckten oder vom Ehepartner geschriebenen Dokument reicht nicht aus. Der Vorteil: Sie benötigen keine Zeugen und können den letzten Willen ganz allein aufsetzen. Allerdings sollten Sie sicherstellen, dass Ihr Testament bei Ihrem Ableben auch wirklich von den richtigen Personen gefunden wird.

Das fremdhändige Testament:

Diese letztwillige Verfügung darf gedruckt oder von einer anderen Person handschriftlich niedergelegt sein. Jedoch müssen drei Zeugen die eigenhändige Unterfertigung durch den Erblasser bestätigen und dabei Namen, Geburtsdaten und Adressen angeben. Der Erblasser muss außerdem vor den genannten Zeugen seinen ausdrücklichen Willen bekunden, mit seiner Unterschrift seine letztwillige Verfügung zu treffen.

Das Nottestament:

Diese Testamentsform erhält seine auf drei Monate begrenzte Gültigkeit nur in echten Notfällen – zur Bestätigung reichen zwei Zeugen aus.

Achtung: Nicht jede Person darf als Testamentszeuge dienen! Die Zeugen müssen mindestens 18 Jahre alt sein, dürfen weder blind noch taub, geistig behindert oder fremdsprachig sein. Auch die letztwillig Bedachten und deren nahe Familienangehörige sind ausgeschlossen, schließlich kommt ihnen das Testament zugute.

An dieser Stelle möchten wir betonen, dass selbst verfasste, ohne notarielle Hilfe erstellte Testamente oftmals schwer vollstreckbar sind, da sie rechtliche Lücken auweisen. Wir empfehlen, sich vor dem Verfassen des letzten Willens genau über die nötigen Formulierungen und Inhalte kundig zu machen, absolut leserlich zu schreiben, das Dokument mit Ort und Datum zu versehen und es am besten von einem Rechtsexperten verwahren zu lassen. Auch die Angabe eines Ersatzerben kann absolut sinnvoll sein.

Bitte beachten Sie: Sie haben jederzeit die Möglichkeit, ihren letzten Willen schriftlich zu widerrufen. Das Testament mit dem jüngsten Datum besitzt alleinige Gültigkeit, alle anderen verfallen. Eine notariell beglaubigte sogenannte »Schenkung auf den Todesfall« lässt sich jedoch nicht einseitig vom Erblasser widerrufen, ebenso wenig wie eine Erbschaftsschenkung oder ein Erbschaftskauf.

Der Pflichtanteil: Diese Personen lassen sich nicht enterben

Der Ausruf »Ich enterbe dich!« kam vielleicht dem einen oder anderen unter Ihnen schon einmal über die Lippen, eventuell nur aus Spaß, womöglich aber in purem Ernst. Allerdings lassen sich die direkten Nachkommen und der Ehegatte nicht so leicht vom Erbe ausschließen, sie erhalten trotz anderslautenden Testaments die Hälfte des Erbes, bereinigt von den anfallenden Verfahrungs- und Begräbniskosten sowie von eventuellen Vorempfängen. Immerhin besteht die Möglichkeit zur Stundung, wenn zur Auszahlung des Pflichtteils beispielsweise ein Unternehmen aufgelöst oder geteilt werden muss.

Besteht aus konkret nachvollziehbaren Gründen seit längerem kein Kontakt mehr zu den eigentlich erbberechtigten Kindern, so lässt sich der Pflichtteil eventuell mindern. Für eine komplette Enterbung muss es sehr gute, hieb- und stichfeste Gründe geben, die einer gerichtlichen Prüfung standhalten.

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